Die Tagebücher des Joseph Carl Rosenbaum [10384]

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1822
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In Salzburg, Regen, trüb, kalt. Gang auf den Schlossberg, Mönchsberg und Mönchstein, Fahrt nach dem Schlosse Leopoldskron des Grafen Firmian, dem Schlosse und Park von Hellbrunn. Wir frühstückten bei der Augustini in der Getreidegasse, die Portion Oberskaffee 9 x. Gingen über den Domplatz auf den Schlossberg, ½ Stunden und ziemlich steil. Sahen zuerst die Festung, die große Winde mit dem Seil, mittels welcher die schweren Wägen wegen dem steilen Weg auf einer Bahn in die Festung gezogen wurden. Gewöhnlich wohnen im Winter 4 Kompanien Infanterie darin; im Sommer – da nur Zisternen sind – nicht selten Wassermangel. Wir gingen in die Höhe zu den 2 Feuerwachtposten, welche an einem eisernen Gitter mittels Richtung der Stangen die genaue Kenntnis haben, wo es brennt; eine Tabelle erklärt die Richtung. Hörten die Orgelmaschine mittels einer Walze, nicht lieblich; vom Erzbischof Leonhard Gaytschach (sic) erbauet, welcher anno 1500 die 1495 angefangene Festung fortsetzte. Staunten über das Burgverlies, die schönen Plafonds von Holz mit Gold; mehrere Zimmer und Säle; das Gefängnis Dietrichs, in dem er 1607 starb; die großen unterirdischen Gänge vom Schlafzimmer bis in die Residenz hinab; die Getreidekammern in 2 Stöcken. Sahen das Kanonenhaus, worin 3 Kanonen zum Feuersignal; die schöne Kapelle zum Hl. Georg, mit den 12 Aposteln lebensgroß in roten Marmor gehauen, von Leonhard 1502 erbaut, von Firmian renoviert 1730. Die Aussicht von da und dem nahen Mönchsberg, welchen wir nachher bei Regen umgingen, ist auf Salzburg, die umliegenden Schlösser, das schöne Tal und die umliegenden fernen Gebirge über alle Begriffe schön und lohnend. Wir sahen den Mönchstein mit der kleinen Besitzung des Hofrats Fellner in Linz, gepachtet durch den Kaufmann Leopold Hagenauer. Fanden in einem niedlichen, mit Schmetterlingen gezierten Kabinett einen Bienenstock in einem kleinen Tempel von Ebenholz, Alabaster und Glas, einen Schmelzspiegel, einige artige Inschriften und so das Haus selbst und die Kapelle, mit antiken Glasfenstern hübsch ausgeziert; ein Lusthäuschen mit kleinen Spiegeln nach allen Richtungen. Sahen die Augustinerkirche – das Kloster ist Militär – und fuhren nach dem Schlosse Leopoldskron des Grafen Firmian. Besuchten die Kapelle, den schönen Saal, im Saale des 3. Stocks eine Porträtsammlung der berühmtesten Maler aller Nationen und Zeiten, von mehr als 700 Stück. 6 Tableaux von Poussin in Lebensgrösse, Holzdrucke auf Atlas, vielleicht die einzigen, welche in der Größe existieren. Dann nach Hellbrunn. Erstiegen das Felsentheater, äußerst interessant, mit Hintergründen, Bühne, Parterre, Galerie; die Kunst tat sehr wenig; das Monatsschlössel, die schöne Aussicht, wo der Kronprinz von Bayern so gerne verweilte. Dann in den Garten zu den Wasserkünsten, die ebenso verschiedenartig als überraschend sind. In einer Grotte liegt eine Nymphe auf einem Bett schlafend, aus einem Stück weißen Marmors meisterhaft gehauen, und hat ihres Schöpfers – des Marcus Sitticus – Bild umhängen. Mehrere Grotten und Pätze, wo die Zuschauer angespritzt werden, sind groß und schön. Für die Kinder ist ein mechanisches Tableau, wo sich alle Handwerker bewegen, eine angenehme Überraschung. Wir kamen zum Speisen zurück. Ich erkältete mich, trank eine Bouteille Ofener für 40 x, plauderte mit Leithner, welcher nach Mittag mit der Familie nach Berchtesgaden fuhr. Nach Mittag spielte ich mit Klaps bei Staiger eine Partie Billard, die Stunde zu 12 x. Dann besuchten wir die Residenz, sahen den Gardesaal mit dem Echo, die schöne Balustrade aus Bronze in des Erzbischofs Zimmer, die Zimmer und Säle selbst: wenig Reliquien des ehemaligen Glanzes, einige Niederländer Tapeten und Lampasspaliere. Sahen die Oratorien in die Dom- und Franziskanerkirche, und gingen zum Kaufmann Obpacher (?), Finks Schwager, bezahlen und uns beurlauben. Spauers „Spaziergänge um Salzburg“ für 2 fl., 24 Ansichten à 4 x und die Berghöhen für 10 x, zusammen 9 fl. 30 x. Schrieb den ganzen Abend und legte mich um 9 h, weil ich morgen um 4 h nach Berchtesgaden zu fahren bestimmte. Ich schrieb auch meinem lieben Weibe und überdachte das Gesehene. Unter allen gesehenen Kirchen ist im edelsten und einfachsten Style die Universitätskirche gedacht. Ihre Architektur ist groß gedacht und die ganze Kirche weiß. Vor der Domkirche gefiel mir der Springbrunnen in Marmor mit der Statue der Maria Empfängnis; das Ganze ist imposant.
Band 10 (X.), Seite 208v RTB p. 22 ff
10.09.1822
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