Die Tagebücher des Joseph Carl Rosenbaum [10383]

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1822
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In Salzburg, trüb, Regen. Um 5 h stand ich auf, schrieb mein Tagebuch, hörte um 7 h auf dem Turm des ehemaligen Regierungsgebäudes, woran die Hauptwache, das Glockenspiel, welches auch um 11 h und abermals um 6 h spielt. Frühstückten in Staigers (?) Kaffeehaus, die Portion Oberskaffee 10 x bayrisch, und gut. Sahen im Rathaus im 2. Stock den Redoutensaal, elend; gleich über der Brücke das Haus, in dem Theophrastus Philippus Paracelsus wohnte und 1541 starb. Die aufgebaute Sebastianskirche, die Ruinen des schönen Kirchhofs, die vielen wirklich schönen Monumente und Gemälde in den teils stehenden, teils eingestürzten Hallen; die Commungruft, in deren Hallen ganze Reihen von Totenköpfen wie Bücher in einer Bibliothek aufgestellt und auf den Stirnen die Namen eingegraben oder geschrieben sind; eine sonderbare Verewigung. Neben der Kirche des hl. Sebastian ist das schöne Grabmal des Theophrastus, und im Kirchhofe die Gabrielskapelle, erbaut vom Kurfürsten Dietrich im Jahre 1600, welcher in der Festung gefangen starb, und in der Kapelle ruht; inwendig ganz mit Mosaiken ausgelegt: eine bizarre Idene in dem Geschmacke, welche weniger anzieht als sie kostet. Sahen die Klarissenkirche, welche samt dem Kloster ganz hergestellt und einen kleinlichen Stil hat; die Ruine des Mirabellschlosses, wovon der größere Teil mit Kupfer wieder eingedeckt. Stiegen über die schöne Stiege in die 2 Säle, beide klein und eingebrannt (?), der größere Stuckarbeit, die Wände vergoldet. Sahen trotz dem Regen den Garten, die schönen Statuen und das aus einem Ballhaus gebaute Theater, sehr verwahrlost; 1 Rang Logen und eine Galerie, ein Parterre, aber rückwärts mehrere Zimmer. Die Bühne ist schlecht eingerichtet, an den Dekorationen kann man kaum die Farbe erkennen; besonders elend ist der Schnürboden. Trotz dem groben Wetter gingen wir bis gegen 12 h herum, besuchten die Dreifaltigkeits- und die Universitätskirche. Dann schrieb ich an meine Frau und um 1½ h zur Table d’hôte. Waren unser 20 an der Tafel, der Leithner mit seiner Familie auch. Nach Mittag regnete es nicht, aber an den Felsen hingen die Nebel. Zum Gärtner Joseph Rosenegger, Besitzer des Bürglsteins, eines anmutigen Hügels hart an der Salzach, welcher dieses einst geistliche Haus samt den Gründen kaufte, Gartenanlagen machte und durch Zufall beim Umgraben auf römische, ägyptische und keltische (?) Antiken kam, seit vielen Jahren selbes fortsetzte und die ganze bedeutende Sammlung in mehreren Zimmern aufstellte, Abgüsse verkauft und zeigt selbe gegen Eintritt von 12 x. Er selbst macht den Cicerone, lässt sich nicht unterbrechen und plappert so gewiss im Schultone fort. Sahen die Monumente in seiner Anlage, des Ehz. Ferdinand, der Maria Theresia und seines Vaters an einem Lehn(?)baum, die Einsiedelei. Nachher fuhren wir nach dem Schloss und Park von Aigen, welche Graf Lodron anlegte und Fürst Ernst Schwarzenberg vergrösserte und verschönerte. Der Müller war unser Führer; wir erstiegen zuerst die höchste Höhe am Wasserfall, stiegen durch die Felsen und erfreuten uns der schönen Aussicht über Salzburg, den Untersberg und das schöne, romantische Tal, welches die hohen Felsensteine umschließen, und angenehmer sich sehen lassen, als wann selbe, wie wir sie in den Tagen bisher fanden, 300 bis 600 Klafter hoch auf unsere Häupter zu stürzen drohen. Wir sahen das Badhaus – holländisch –, die Grotte, in welche das Wasser stürzt, kurz, jede schöne Partie, die Kirche und fuhren den Weg zurück, von dem ich Salzburg in der Optik habe. Um die Stadt, soupierten etwas und legten uns dann gleich.An den Park zu Aigen.Nach dem Tode seines Schöpfers, des Herrn Ernst Fürsten von Schwarzenberg, Bischofs von Raab etc.In deinen Hainen, zauberisches Aigen, da weilt ich oft so namenlos entzückt, als noch von Deines Herrschers Huld beglückt, dort alle Erdensorgen mussten schweigen.Doch nimmer mag ich deinen Reiz nun schauen;die Zweige neigen trauernd sich herab. Du scheinst mir ein geschmücktes Grab, wo heisse Tränen auf die Blumen tauen.Der süssen Sänger Melodien schweigen; das Bächlein klagt am grünen Blütenrandund jedes Herz fühlt dort ein schmerzlich Bangen.Der dich so reizend schuf, werwaistes Aigen,er war zu gut für dieses Sorgenland; drum ist zur Heimat er so früh gegangen.
Band 10 (X.), Seite 206v RTB p. 18 ff
09.09.1822
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