Die Tagebücher des Joseph Carl Rosenbaum [10374]

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1822
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Trüb. Früh schrieb ich. Nachtrag zu gestern: beim Herabfahren vom Stift in den Markt lachten wir an dem Schlosserhaus über folgenden Reim:„Mein’ Lieb zu Gott ist groß, drum lass ich ihn auch walten.Ich mache neue Schloss, und reparier die alten.“Wir passierten den Markt, sahen die Weiber und Mädchen vom Lande, hübsche Gestalten mit ihren Tücheln, Körben und Schaffeln auf dem Kopf, Milch, Rahm, Obst Gemüse u. dgl. hereingetragen und feilhaben; einige sind allerliebst. Wir gingen über die Landstraße und bei Dr. Hubers Maierhof vorbei, in den allgemeinen Kirchhof. Ließ die Totenkammer öffnen und sahen den mit 7 Stich- und Schlagwunden am Kopf ermordeten Pferdehändler; die unbedeutenden Grabmäler, bis auf jenes des Generals Beaulieu und Baron Sebottendorf. Besuchten das Bergschlössel des Bischofs Hohenwarth, welches eine allerliebste Lage, niedliche Zimmer und Garten, eine Camera obscura hat. Vorher war General Beaulieu der Besitzer, welcher mit 95 Jahren da starb. Besuchten des Doppelalkali-Fabrikanten Mayer (?) Fabrik, sahen dessen Produkt, und vermischten den Eindruck mit der Grabinschrift eines Schmiedemeisters, wo ein Bischof – der Schmiede Patron – einen von einem Neger gehaltenen und halb abgeschnittenen Pferdefuss richtig (?) demselben anheilt, mit folgendem Reim:„O weltberühmter Held, o kunsterfahrner Mann,schneid ab dem Pferd den Fuß und heil ihn wieder an !“Von da gingen wir in das Schloss, das Strafhaus zu sehen. Der Verwalter Hopfeneder empfing uns sehr freundlich, zeigte uns die ganze Einrichtung, die schönen, Sälen ähnlichen Zimmer, die Reinlichkeit, gute Kost. Es sind ihrer bei 250 Sträflinge und spinnen, kampeln etc. für die Fabrik. Von da sahen wir die Gärten des Verwalters, welche zum Teil schöne Aussicht und treffliches Obst haben; alles interessierte mich sehr. Von da zum Polizeidirektor Hochweger wegen unserer Pässe und dann zum Goldenen Adler zum Hasslinger speisen. Nach Mittag in Festorazzis Kaffeehaus, etwas Regen. Um 4 h am Ufer zu den Bädern und Kalvarienberg, sahen die schöne, leider halb verfallene Stiege, vom Wiener Adel 1664 erbaut, die Kapelle, das Hl. Grab, das Kreuz von Stein am Felsen, die 2. Kirche, trafen das zärtliche Rendezvous des Dechants Waldhauser, stiegen nach St. Margarethen herab. Ließen uns von einem Knaben überführen, landeten an einem Platz, wo Steine ganz nachlässig in die Erde gesteckt sind und eine Stiege bilden. Gingen am Ufer spazieren, stiegen auf die Felder, kamen bei der Kirche herab und besuchten die Promenade. Plauderten mit Hölzel und Frau, ich schickte ihnen Bäuerles Biographie. Dann mit Lüftenegger, um 8 h nach Hause. Ordnete alles zur Reise, um 9 h lagen wir.
Band 10 (X.), Seite 198 v RTB p. 8 ff.
04.09.1822
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