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Ein schöner Tag; Fahrt nach St. Florian mit Reisser. Früh schrieb ich mein Tagebuch, um 8 h fuhren wir weg, über Ebelsberg, Schiltenberg, dann rechts ins Tal und kamen nach 2 Stunden an. Wir gingen zum Rentmeister und Kastner, Herrn Joseph Mayer, welcher uns freundlich aufnahm und den ganzen Tag unser Führer war. Zuerst sahen wir den großen Prunksaal, Kapitelzimmer, Bildersaal, in einem Gang und 3 Sälen. Sie besitzt viele und sehr schöne Bilder aus allen Schulen. Die Prunkzimmer, mit Niederländern, Seiden (?) und Wänden von Ölgemälden, die Plafonds sind meistens von Altomonte und Halwachs. Ein Bett – bestimmt für Prinz Eugen – nimmt den Raum eines kleinen Kabinetts ein, ist reich an Figuren, Trophäen. Imposant der große Saal, mit Marmor ausgelegt, der Eingang und die Doppelstiegen. Der Baumeister hieß Brandauer von St. Pölten. Vor 12 h besuchten wir den Prälat Michael Ziegler, ein Greis von 80 Jahren, der mehrere Jahre schon nicht mehr aus seinem Zimmer kommt, eine ehrwürdige Gestalt hat und uns sehr freundlich empfing. Dann speisten wir recht gut. Neben meiner kam Batsányi zu sitzen, dessen Frau eine Baumberg ist; erneuerten unsere Bekanntschaft. Er lebt in Linz unter Polizeiaufsicht. Nach Tische sahen wir die reiche Bibliothek, über 50.000 Bände, Lesezimmer, den schönen Plafond, Sommerefektorium, Theater; die Kirche, im Jahre 1665 von Giovanni Carlo Carlone erbaut, dem Erbauer des Doms zu Mailand. Hörten die große schöne Orgel, bewunderten ihre Stärke, die prachtvollen, im großen Stil von Marmor erbauten Altäre, die reichen Ornate. Stiegen in die alte und neue Gruft hinab; die neue Gruft ruht im Mittel auf Säulen, ist trocken, licht; in der alten liegen Totengebeine gleich Holzstössen aufgeschichtet. Besuchten die Ökonomie, Baumschulen, Obstgärten, die Walzelmaschine, welche anfangs das Obst quetscht. Nahmen vom Prälaten Abschied, plauderten mit ihm und fuhren sehr vergnügt weg. Ins Theater, sahen das Ende von „Fluch und Segen, Lohn und Strafe“. Sprach mit Eggendorfer vom gestrigen Raubmord, welcher an einem Pferdehändler von Maria Schnee in Böhmen auf dem Landinger Wege verübt wurde. Er wurde mit einem Prügel erschlagen und bekam mehrere Stichwunden. Es scheint, dass sie nichts bei ihm fanden, weil er beim Uferwirt seine Zeche mit 50 x schuldig blieb. Seine 2 Pferde fand man an einen Baum gehangen. Ich plauderte mit Lüftenegger, soupierte im Casino und erst um 11 h ins Bett.
Band 10 (X.), Seite 197 v RTB p. 6 ff.
03.09.1822
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