Die Tagebücher des Joseph Carl Rosenbaum [10371]

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1822
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Gegen Enns, wo wir nach 7 h früh ankamen, wurde es wieder heiter und ein schöner Tag. Die Auf- und Abfahrt von Enns ist äußerst unangenehm, der Berg bedeutend und gäh. Gleich beim Eintritt steht ober einem Stadltor ähnlichen Turm, rechts „Eintritt zum Theater“. Wie mag dieser Musentempel aussehen ! Auf dem Schiltenberg kamen uns Papa Paul und Mama Marie mit einer eleganten Equipage entgegen. Das Betragen war nicht elegant und verriet den Schiffmeister. Sie nahmen ihren Benjamin zu sich und so kamen wir durch Markt Ebelsberg über die Traun um 10 h in Linz an. Die vielen Mauten, vorzüglich Brückenmauten, die Passage über die 30 Joche lange Brücke hart an Ebelsberg, das polizeiliche Ausfragen allda und wieder am Schranken vor Linz sind lästig und halten die Reise auf. Die Mauten betragen von Wien bis Linz 4 fl., das Postgeld von der Post 2 fl., Trinkgeld 1 fl., für 12½ Posten samt Schmieren in Münze über 40 fl.. Wir stiegen beim Lüftenegger ab, ich fuhr dann am Platz zum Löwen beim Mayereder. Bekam im 2. Stock das Zimmer No. 1 mit 2 Betten, ein Salon mit 3 Fenstern auf den Platz. Suchte Freund Röser in der Klammgasse No. 887 auf. Freundlich war der Empfang; er wies mir ein Zimmer an, welches ich aber für heute nicht annahm. Sein Enkel Franz Seyrl und Evarist waren noch nicht da. Ich schrieb gleich meiner guten Therese, Röser schrieb ein paar Zeilen dazu. Gingen über die Promenade, durch das Landhaus – ein imposantes Gebäude – in die Minoritenkirche; im Klosterbau sind die Büros; in die Domkirche – welche sie eben äußerst geschmacklos rot und weiß dekorieren, den Baldachin am Hochaltar gelb und rot –; in die Pfarrkirche, welche jetzt renoviert wird. Gingen über den Platz, sahen die 2 Brunnen und Säulen zur Hl. Dreifaltigkeit, schön gebaut. Sahen das Äußere und Innere des Theaters; hat 3 Stöcke, im 1 Stock 14 kleine und 2 große Logen – wovon eine rechts dem Präsidenten – und ein Parterre, aber rechts und links Parterrelogen. Erinnert etwas an das Theater an der Wien, ist aber schon – besonders in der Dekoration – sehr abgenützt. Die Maschinerie ist jener an der Wien gleich. Die Dekorationen sind von Platzer. Im Hintergrunde ist eine Nische und Tor zum Auffahren und Reiten. Eine intensive (?) Ökonomie machte mich lächeln: nämlich auf dem Theater sind Sophas und Sesseln mit Papierspalier überzogen. Hölzel – welcher eine Umlauf zur Frau und 3 Kinder hat, in sehr üblen Umständen sich befindet – ist Direktor. Man gibt heute den „Schatten von Fausts Weib“, eine elende Posse vom Schuft Bäuerle. Dann sahen wir die Promenade vor dem Landhaus und Theater, mit 4 Reihen Platanen besetzt, inzwischen elende Bänke vom Zimmermann ausgehauen. Um 1 h speiste ich im Löwen, mit drei steifen, einsilbigen Beamten. Verzehrte 2 fl.; ein Huhn kostet 48 x, Suppe 6 x, Rindfleisch 16 x – das Pfund kostet 15 x – Kaffee 16 x, der trinkbare (?) Wein die Maß 3 fl. Gleich nach dem Essen über die Brücke in das Kaffeehaus des Festorazzi am Ufer. Auf der Brücke kam mir Seyrl entgegen, welcher kurz vorher mit Evarist von Steyregg ankam. Wir gingen durch das Kaffeehaus auf die Terrasse, welche die Aussicht gegen die Brücke und die Stadt hat, mit Orangenbäumen geziert ist. Hier ist der allgemeine Versammlungsplatz. Da fand ich den Landrat Eggendorfer, welchem ich Werners Brief gab, sich dann mit uns unterhielt und unser Gesellschafter war, später kam Reisser, mit dem linkischen Schiffmeister. Dann Röser, Eggendorfer und ich auf die Promenade. Ein Wind erhob sich, es wurde trüb. Wir besuchten nach der Promenade den Wirtsgarten auf dem Schlossberg: schöne Aussicht auf die Promenade und den schönen grünen Hügel, in das Tal, wo wir herkamen, die Schießstatt. Zum Jägermayr auf dem Berge, ¾ Stunden vor der Stadt, das Wirtshaus, wo Wein, Bier, Obstmost, auch Essen gegeben wird; hat eine unbegrenzte Aussicht auf die Donau, auf den Pöstlingberg – über das Ufer –, die Stadt. Hier jausneten wir, kosteten den Äpfelmost; dann über den Kapuzinerberg, die Sandgrube zurück ins Theater. Dahin nahm ich Evarist und Seyrl. Das Parterre kostet 1 fl., eine Loge 5 fl., das Abonnement auf 14 Vorstellungen in einem Monat 4 fl.; da kann der Direktor reich werden ! Beim Eintritt fand ich die arme Hölzel, sprach aber nur einige Worte. Sie lud mich in ihre Loge, eine Nische, welche aber nicht unangenehm. Das Theater war ziemlich gefüllt. Fand Reisser mit seinem Wirt, eine Zeitlang den Landrat. Die Aufführung war der Dichtung würdig. Nach dem Theater begleiteten mich Seyrl und Evarist.
Band 10 (X.), Seite 195v RTB p. 1 ff.
01.09.1822
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